Dialekten z. B. tritt keine Dehnung vor ng und zum Teil auch vor mb ein, wie die Schreibungen tonge, yonge, domb etc. beweisen. Was nun unsere Urkunden betrifft, so ist aus den benutzten Londoner Urkk. kein Beispiel von Doppelschreibung des Vokals vor dehnenden Consonantenverbindungen zu belegen. Doch hat die Proklamation Heinrichs III. vom Jahre 1258, welche, wie wir später sehen werden, das älteste sichere Denkmal des Londoner Dialekts ist, die fragliche Dehnung in einigen Fällen graphisch zum Ausdruck gebracht. Der Schreiber hat nämlich langen offenen o-Laut, wie dies im me. öfters geschieht, durch oa wiedergegeben. Da er oa ausser vor dehnenden Consonantenverbindungen nur da schreibt, wo ae. langer Vokal erhalten ist, wie in thoauerd, moare, hoaten, noan, ifoan, so sind die Schreibungen Yrloand, loandes, loande, foangen, Engleneloand, Engleneloande für die Länge des Vokals in diesen Fällen beweiskräftig. In den Parlamentsurkunden finden sich folgende Beispiele von Doppelschreibung des Vokals vor dehnenden Consonantengruppen (die Staatsurkunden enthalten keine Belege): goold (e) 5 mal in Gr.4 unsoold Gr.4 eende 4 mal in Gr.4 loongeth (3 sing.) Nom. 1423. In manchen Fällen aber kann auch die Qualität des Vokals (in einem Falle noch, nämlich bei ou, auch die Schreibung) uns über die Quantität desselben sichere Auskunft geben. Das Nähere darüber findet sich in dem Abschnitt über die Qualität der Vokale. Im Grossen und Ganzen aber bieten die Urkunden nur verhältnismässig geringe Anhaltspunkte, um die Tragweite des betreffenden Dehnungsgesetzes im Einzelnen genauer bestimmen zu können. Doch werden wir für die Londoner Urkunden aus der Uebereinstimmung mit Chaucer (v. t. Brink Chauc. § 16. 35, dessen Theorie der schwebenden Vokale ich jedoch nicht beizustimmen vermag) und der Entwickelung des ne. folgende Längen annehmen dürfen, welche im Grossen und Ganzen auch für die übrigen Urkunden gegolten haben werden: Dehnung aller Vokale vor ld; von ae. i u y vor nd; seltener Dehnung vor mb (ae. i und a[o]), rd (ae. o und ea) und rn. Daneben war auch Dehnung vor ng und von a, e, o vor nd nicht unbekannt, wie die oben gegebenen urkundlichen Schreibungen zeigen. Auch Chaucerhandschriften, z. B. Ellesmere haben boond, stroong, soong und Aehnliches. Auch heutzutage werden die Vokale in hand, strong, song in der Londoner Sprache nicht selten gedehnt. Wo aber dehnende Consonantenverbindungen erst in me. Zeit durch Synkope zusammengebracht werden, da findet sich natürlich die Kürze, z. B. sworn aus sworen etc. Analogiewirkungen und fremde Einflüsse werden im Einzelnen manche alte Länge wieder beseitigt haben. Doch ist die Dehnung in der Regel unterblieben, wenn auf die dehnende Consonantengruppe ein Consonant unmittelbar folgt oder die Folgesilbe auf stammhaftes Inrendigt. v. t. Brink Haupt's Zeitschr. XIX s. 215 und Brate Beitr. X s. 7 Anm. 1; ferner t. Brink Chauc. § 17. 18. Auch nehme ich im allgemeinen Kürze für die praeterita sholde, wolde, nolde an, trotzdem dieselben bei Chaucer manchmal im Reim mit ōlde, tōlde etc. gebunden werden. Bei Orrm sind sie stets kurz und findet die Kürze ihren ausreichenden Grund darin, dass diese meist mit anderen Verben verbundenen praeterita, wenn auch noch nicht zum blossen Hilfsverb herabgesunken, im Satzgefüge in der überwiegenden Zahl der Fälle schwach betont sind. Brate's (a. a. O.) Erklärung der Orrmschen Kürzen in wollde shollde etc. ist durchaus unhaltbar. Dass wolde sholde ursprünglich in betonter Satzstellung gleichfalls dem Dehnungsgesetz unterworfen waren, scheint mir weniger aus Chaucer's Reimen, als aus der Schreibung shoolde, die sich auch urkundlich belegen lässt (v. zweimaliges shoolde in Rot. Parl. III s. 650 ff. Nr. 13), mit Sicherheit hervorzugehen. Uebrigens mag Chaucer im Reim auf tõlde etc. die seltenere lange Form, welche sich, trotz der allmählichen Ausgleichung beider Formen zu Gunsten der kürzeren, dialektisch und in gewissen Schichten des Volkes noch erhalten hatte, recht wohl gebraucht haben. Dagegen bei Orrm, welcher stets doppelten Consonanten schreibt, ist die Ausgleichung schon durchweg erfolgt. 2) Kürzung ae. Längen. Wie in den übrigen me. Dialekten, so ist auch in der Sprache Londons vor mehrfacher Consonanz im Allgemeinen Kürzung des Vokals eingetreten. Nur die Fälle, in denen ursprünglich langer Vokal bzw. Diphth. (wie in frênd Freund, held hielt) oder gedehnter Vokal sich vor dehnenden Consonantengruppen befindet, sind ausgenommen. Der erwähnte Kürzungsprocess ist aber durch vielfache Analogiewirkungen und andere Einflüsse paralisiert worden. Da unsere Urkunden, ausser in einigen Fällen vor st, ferner bei u und bei der Steigerung der adjectiva, vor mehrfacher Consonanz weder Länge noch Kürze des Vokals graphisch bezeichnen und uns auch das Kriterium des Reimes fehlt, wir mithin die Quantität des Vokals nur dann feststellen können (abgesehen von Analogieschlüssen, die uns Chaucer und das ne. bieten), wenn uns die Qualität desselben sicheren Aufschluss gieht, so sollen, ausser den erwähnten Schreibungen, im folgenden nur diejenigen Fälle aufgezählt werden, in denen die Qualität des Vokals für die Quantität desselben bestimmend ist. Die Quantität des Vokals ist graphisch bezeichnet: In einigen Fällen vor st durch Doppelung des Vokals: goost (ae. zast) W 100/16; leest (lêsta) M16; moost (ae. mást mæst) M 1, 1, 25, 41, 46, 46; preest-es (ae. préost) oft, z. B. W 79/11. 105/3, 6, 8, 16. Vor st ist die Kürzung nur selten eingetreten, wie Chaucer (v. t. Brink Chauc. § 16) und das ne. zeigen. v. Fick, Vokalverkürzung in engl. Wörtern germ. Urspr. in Engl. Studien VIII s. 503. Die Schreibung u, o (im Gegensatz zu ou) zeigt Kürze in husbonde W 96/5. 97/6; hosbondys W 86/3; vnboxhum G1 5/2; utward Resp. 1427 (doch outward M 39). Die Fälle, in denen der comparativ und superlativ durch geschriebenen Doppelkonsonanten verkürzt erscheint, s. bei d. Steiger. d. Adj. Die Qualität des Vokals bestimmt die Kürze desselben in folgenden Fällen: ae. a zu a (statt o bei Erhaltung der Länge) in halwes W 3/2. G1 3/2; halwen G2 8/9; alhallowen, hallowed (part.) oft in W; aske (ae. ascian) U (2 mal). W 89/7. Tr.; asketh Resp. 1404; asked neben öfterem axed in Resp. 1423 Nr. 54; askynges Resp. 1414 und sonst. ae. ê zu a (statt e) in badde (ae. Zebedd) U. v. Sarrazin in Engl. Stud. VI s. 91. VIII s. 66 und Hart daselbst VIII s. 424. dradde praet., adradde part. (zu ae. ondrédan) M 13, 19; lasse (ae. lêssa) G3 10/7. W 101/20; last 3 plur. (zu ae lêstan) W 115/24. Näheres s. im Abschn. über die Qualit. d. Laute. In der Composition jedoch ist die Länge aus bekannten Gründen vielfach geblieben, wie die Schreibung und die Qualität der Laute zeigt, namentlich vor den Schlussgliedern -ful, -ly (-liche), -nesse (v. auch t Brink Chauc. § 6): outelawes Reg.; behooffull Gl.; needful Tr.; unleeffullich M 51; goodly W 78/27. Schied. Talb.; greetly Nom. 1422. Schied. O; holy (ne. wholly) Tr. D; oonlich M 25; oonly Nom. 1423. Pr.; yeerly Pr. 3) Längung ae. Kürzen. a) Dehnung des kurzen Vokals in offener Tonsilbe. Dieselbe trat bekanntlich bei den Vokalen a, e, o im Verlaufe des 13. Jahrh. ein, obwohl die Spuren dieser Längung für manche Gegenden schon früher hinaufreichen. Am Ende des 13. Jahrh. ist diese Dehnung vollzogen. Für den Londoner Dialekt werden wir diese Dehnung, welche Chaucer und das ne. in gleicher Weise kennen, ebenfalls vorauszusetzen haben. Die Urkunden (doch nicht die Londoner) haben nur 2 Beispiele von Doppelschreibung des Vokals: maake inf. Pr. und weell (ae. wela, ne. weal) Nom. 1423. Diese Längung des Vokals in offener Tonsilbe trat aber bei den Vokalen i (= ae. i und y) und u nicht ein (anders t. Brink. Doch s. den Anhang.). Es sind die Vokale, welche den kleinsten Kieferwinkel haben und wahrscheinlich deshalb der Dehnung widerstrebten. Freilich hatte u in der Zeit, wo die Dehnung schon erfolgt war, den urspr. u-Laut etwas modifiziert. Die Kürze des Vokals wird in folgenden Fällen durch die Schreibung gekennzeichnet: sonne (ae. sunu) Schied.; sonnys plur. (zu ae. sunu) W 93/4; commyng öfters in Pr. Gr. Gr.4; wittyngly Reg; wryttyn part. W 93/5. In wiefern aber die Wirkung des Vokaldehnungsgesetzes in offener Tonsilbe durch l, n, r-Laute und die Endung y (ae. iz) in der Folgesilbe durchkreuzt worden ist (v. t. Brink Chauc. § 35), lässt sich aus der Schreibung der Urkunden nicht erkennen. Das ne. hat hier meist die Kürze (wohl durchweg bei der Endung -y), seltener die Länge. β. Dehnung eines kurzen ae. i-Lauts vor folgendem ht; z. B. night. Das Nähere s. im Abschn. über d. Qualit. d. Laute. Doch das praeter. maade ist aus gedehntem mākede (ā in offener Tonsilbe), mā(k)de entstanden. Das k fiel erst aus infolge der Vokaldehnung. Das partic. mād(e) beruht wohl weniger auf der flektierten Participialform als auf Angleichung an das praeteritum. Anders t. Brink Chauc. § 168. § 27γ. b) In unbetonter Wort- und Satzstellung. 1) In unbetonter Wortstellung. Ueber die Quantität der ursprünglich langen nebentonigen Silben wurde früher gehandelt. Es kommen hier nur die Fälle in Betracht, in denen kurzes unbetontes e in Mittel- oder Endsilben infolge der veränderten me. Wortbetonung - obgleich in manchen Fällen auch die me. Satzbetonung und manches andere hier einen nicht zu unterschätzenden Einfluss ausgeübt hat entweder ganz oder teilweise verstummt ist. Es sollen im Folgenden nur die ältesten (Londoner) Urkunden (U. M. G1. G2.) berücksichtigt werden, weil in den späteren Urkunden sich kein auch nur annähernd richtiges Bild über den fraglichen Punkt gewinnen lässt, da hier namentlich das Setzen eines (sprachlich berechtigten oder nicht berechtigten) End-e oder eines Schnörkels an Stelle desselben in vielen Fällen fast als Schreiberregel gilt. Auch in den ältesten Urkunden findet sich schon eine Anzahl gänzlich unberechtigter und niemals gesprochener End-e.1). Hier wird historisch überliefertes End-e ebenfalls meist noch geschrieben, selbst in solchen Fällen, wo es schon gänzlich verstummt war. Es sollen daher im Allgemeinen nur die Fälle angeführt werden, in denen die Schreiber ein e (Mittel- oder End-e) ausgelassen haben. 1) z. B. lorde (nom. sing.) M 30; towne (acc. sing.) U; ate (= at) euery conseil U; I wrote (ae. wrât) U; bes. in Participien wie to have wythseyde hem, it was seide, as it ys to-forn seyde in U; yif.... his falsenesse were ayeinsaide M 20; they had made, I have made U; hidde it hath be M 25. Es lässt sich eben nur konstatieren, in welchen Fällen (und das auch nicht immer), aber nicht in welchem Umfange das Verstummen eingetreten war. Ich schliesse mich in der Darstellung den vortrefflichen Ausführungen ten Brink's zu Chaucer an. Brink Chauc. § 256 ff. v. t. a) „Enthalten zwei aufeinander folgende Silben je ein schwaches e, so verliert eines von diesen notwendig seinen Silbenwert." (§ 256.) Die schwachen praeterita gehen auf -ed aus, im singul. wie im plural: knowleched, letted, shewed, warned sing. in U; loued pl. U. Doch made sing. aus māk(e)de U; s. oben. Ueber andere meist schon in ae. Zeit synkopierte Praeteritalformen s. Verbum. In der Nominalflexion ist zwischen singul. und plural zu unterscheiden: a) Im sing. der adjectiva ist die flexionslose Form durchweg massgebend: .. because of other comaundement M 18; in other wyse U; for non other entente U; to a nother eleccion U; with open slaughtre M 7; be an euen Juge M 24; of the cuel menyng U; to which euel menyng U; with - Inne a litel proces U; im comparativ: without a much gretter disese M 43. Einmal findet sich der gen. sing. in others top U. Merke auch das adv. euel U. Von substant. ist belegt of London (ae. Lundene) U. M 1. β) Beim plural sind adjectiv und substantiv zu trennen. other [hidy]nges M 13; many other (sc. vses) M 40; suche other degrees U; other suche worthy persones U; of other craftes U; with other wysest G13/19; any other happes G3 7/1; pat oper two G2 8/25; auch wenn other substantivisch steht: many other M 40; Robert ffranceys & other U; amonges the other U. Sonst findet sich othere geschrieben: many othere offices M 14; ouermany othere comaundement3 M 35; othere craftes M 20; on othere symple festes G2 8/10; und alleinstehend: othere M 50, 54. Bei Substantiven wird in der Regel das erste e unterdrückt, seltener beide e geschrieben: soules G13/5; brethren G1 3/21, 23; 4/19: 5/14, 18; sustren stets in G1, G2; tapres G2 8/5, 10, 12. Aber bretheren G1 3/6, 16; 4/8, 33. G2 6/1. Ausserhalb der Flexion kommen noch in Betracht: euer, neuer oft in U (für euere neuere = ae. @fre næfre); desgl. neuer M 28. |