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Verordnung, dass bei den mündlichen Verhandlungen an allen Gerichtshöfen die englische Sprache statt der bis dahin üblichen französischen gebraucht werden solle1).

Diese Thatsachen legen unzweifelhaftes Zeugnis ab von dem endlichen Siege der englischen Sprache über das fremde Idiom. „Seit der Mitte des 14 Jahrhunderts", sagt ten Brink (Litgesch. I s. 410) treffend, „ist England im eigentlichen Sinne kein zweisprachiges Land mehr. Das Anglonormannische gleicht einem gelben Blatt an einem üppig knospenden Zweig." Immerhin aber dauerte es noch mehr als ein Jahrhundert, ehe das Anglofranzösische völlig verschwand. Auch nach dem Tode Eduards III. blieb das Französische (selten das Lateinische 2) die Sprache der Gesetze, wurden die Parlamentsverhandlungen meist in französischer Sprache protokolliert3), war das Französische neben dem Lateinischen die offizielle Schriftsprache, in welcher amtliche Urkunden und sonstige Aktenstücke verfasst wurden.

Doch schon unter Heinrich IV. (1399-1413) und V. (1413-1422) kommt die englische Sprache unter den Staatswürdenträgern öfters zur Geltung). Die Dynastie des „House of Lancaster", welche mit Heinrich IV. beginnt, wird nicht ohne Einwirkung darauf geblieben sein, wiewohl die Entwickelung des Landes mit immer stärkerer Notwendigkeit dahin drängen musste. Bezeichnend für das immer mehr hof- und staatsfähig werdende Englisch ist die Tatsache, dass die Inanspruchnahme („vendicatio regni") der Krone durch Heinrich IV. im Parlamente und der Dank, welchen er letzterem für die Anerkennung seiner Ansprüche in derselben Versammlung aussprach, in englischer Sprache geschah und dass das Englische hier als die Muttersprache des Königs bezeichnet wird 5). Auch die Rede des Sir William Thirnyng, des „Chief Justice of the Common Pleas", in welcher er dem Könige Richard II. seine Absetzung verkündet, fand in englischer Sprache statt 6). Die veränderte Lage der Dinge endlich kennzeichnet am besten das Faktum, dass Heinrich V. in einer Angelegenheit mit Frankreich durch Minister

1) v. Statutes of the Realm. London 1810, Vol. I s. 375.

2) Vor Eduard I. herrscht das Lateinische vor. Seit Ed. II. gewinnt das Französische die Oberhand, welches unter den späteren Königen mit vereinzelten Ausnahmen die ausschliessliche Sprache der Gesetze wird, Vom 4. Regierungsjahre Heinrich VII. (1488/89) ab tritt das Englische an die Stelle des Französischen. v. Stat. of the Realm. B. I. Introduction Chapt. IV.

3) Genaueres darüber s. unten. Ueber einige wenige Fälle, in denen das Englische hier vor Heinrich IV. zur Anwendung kam v. Statutes of the Realm a. a. O.

4) v. das Verzeichnis der Urkunden und St. of the Realm a. a. O. 5) v. Rot. Parl. Vol. III s. 422 Nr. 53 u. s. 423 Nr. 56.

6) v. Rot. Parl. Vol. III s. 424 Nr. 59.

vertreten war, die kein Französisch verstanden und mit den Ministern Frankreichs nur in lateinischer Sprache verhandeln wollten 1).

Unter Heinrich VI. (1422-61) tritt der entscheidende Wendepunkt ein. Das Französische wird allmählich auch aus seinen letzten Positionen verdrängt. Nur als Sprache der Gesetze fristet es noch bis in die achtziger Jahre des 15. Jahrhunderts ein kümmerliches Dasein 2). In den Protokollen der Parlamentsverhandlungen aber tritt schon vom 8. Regierungsjahre Richards II. an das Lateinische vielfach an die Stelle des vorher fast ausschliesslich gebrauchten Französischen (anders in den „Answers", worüber später); letzteres kommt unter Heinrich IV. und V. noch vorwiegend, unter Heinrich VI. dagegen nur selten zur Anwendung. Daneben finden sich öfters schon Parlamentsbeschlüsse in englischer Sprache. v. das Verz. d. Urkk. und die Rot. Parl. von Rich. II. bis Heinr. VII.

Es steht diese Bewegung offenbar in Zusammenhang mit dem neuentbrannten englisch-französischen Kriege unter Heinrich V., welcher unter Heinrich VI. mit grosser Erbitterung wieder aufgenommen wurde und für England den gänzlichen Verlust der französischen Besitzungen (mit Ausnahme von Calais) im Jahre 1453 zur Folge hatte.

Wer sich die Mühe geben will, die Tausende von Privaturkunden, welche das,,British Museum" besitzt, oder die zahlreichen amtlichen und halbamtlichen Aktenstücke aus jener Zeit, welche im „Public Record Office" zu London aufbewahrt werden, zu durchmustern, der wird sich leicht davon überzeugen können, wie selten vor Heinrich VI. die englische Sprache hier zur Geltung kommt, im Vergleich zu der weitüberwiegenden Mehrheit von Schriftstücken in französischer und lateinischer Sprache. Erst vom zweiten Drittel des 14. Jahrhunderts an finden wir englisch geschriebene Urkunden3), und zwar zunächst Privaturkunden. Doch sind dieselben vor der Regierungszeit Heinrichs IV. noch äusserst selten. Die in der „Early English Text Society" von Furnivall herausgegebenen 50 ältesten englischen Testamente 4) beginnen erst mit dem Jahre 1387; nur drei davon gehören dem 14. Jahrhundert an, die übrigen fallen in die erste Hälfte des 15. Jahrhunderts. Die englisch geschriebenen Statuten der „Gilds" datieren von 13895). Die ältesten englischen

1) v. Freeman, The History of the Norman Conquest of England etc. Oxford 1876 Vol. V s. 537, welcher sich dafür auf Lingard beruft. 2) v. Anm. 2 s. 2.

3) Die bekannte Proklam. von 1258 abgerechnet. Auch bei Behnsch Gesch. d. engl. Sprache etc. Breslau 1853 s. 171 wird eine englische Urkunde aus dem Anfang des 14. Jahrh. (nach Tyrwhitt) erwähnt. Doch sind dies nur ganz vereinzelte Ausnahmen, welche die Regel bestätigen.

4) v. The Fifty Earliest English Wills in the Court of Probate, London etc., in der E. E. T. S. 1882.

5) Dieselben wurden in diesem Jahre durch Parlamentsbeschluss eingefordert. v. die Ausgabe: English Gilds etc. by T. Smith and L. T. Smith in der E. E. T. S. 1870.

Privaturkunden und zugleich die einzigen aus dem 14. Jahrhundert, die ich in der ungemein reichen Urkundensammlung des „British Museum" finden konnte ich habe tausende von Urkunden daselbst durchmustert stammen aus den Jahren 1375 und 1381 (beides sind Originalurkunden aus Wiltshire). Diesen reihen sich endlich 2 Londoner Urkunden aus den Jahren 1384 und 1386 an 1). Weitere Nachforschungen mögen noch manches zu Tage fördern, doch wird die Thatsache bestehen bleiben, dass Privaturkunden bis zum Anfange des 15. Jahrhunderts mit verhältnissmässig seltenen Ausnahmen in französischer oder lateinischer Sprache geschrieben wurden. Unter Heinrich IV. und V. mehren sich die englischen Privaturkunden2); von Heinrich VI. an werden sie zahlreicher und bilden am Ende der Regierungszeit dieses Fürsten die Regel3). Auch die „Petitions" oder,,Bills", welche den Parlamenten unterbreitet wurden, sind unter Heinrich VI. vielfach schon in englischer Sprache geschrieben 4). Vom 23. Regierungsjahre dieses Fürsten, also von 1444/45 ab ist dies sogar die Regel5).

Anders jedoch steht es mit den amtlichen Urkunden und amtlich geführten Büchern und Protokollen. Hier überwiegt in der Zeit von Eduard III. bis zu Heinrich VI. entschieden die lateinische Sprache. In lateinischer Sprache sind vor allem geschrieben 6): Die „Royal Grants and Writs" und „Leases of Land", die Protokolle der Gerichtsverhandlungen mit Ausnahme derer des „Court of Chancery" welche meist in französischer Sprache verfasst sind 7) -,

1) v. d. Verz. d. Urkk.

2) Bei Furnivall allein finden sich 18 englische Testamente aus der Zeit Heinr. IV. und V.

3) v. Näheres später in meiner Sammlung Early English Deeds. 4) Die übrigen sind meist französisch, viel seltener lateinisch. Die erste englische Petition stammt aus dem Jahre 1386. v. Verz. d. Urkk. Aus der Regierungszeit Heinrichs V. finden sich vier englische Petitionen in den Rotul. Parl. v. Vol. IV s. 22 Nr. 22. s. 57 ff. Nr. 5. s. 158 Nr. 1. s. 159 Nr. 5.

5) Von 1444-1455 finden sich beispielsweise nur 5 Petitionen in franz. Sprache und zwar: Rot. Parl. B. V s. 103 Nr. 25 (1444); s. 107 Nr. 33 (1444); s. 115 Nr. 48 (1444); s. 137 Nr. 21 (1447); s. 151 Nr. 23 (1449). Daneben kommt auch noch das Lateinische in Petitionen zur Anwendung, namentlich in denen der gelehrten „Colleges" (Eton, Cambridge etc.) und in einigen anderen Fällen.

6) Einige der wichtigsten im folgenden gegebenen Mitteilungen verdanke ich einem engl. Correspondenten, welcher am „Public Record Office" zu London diese Notizen gesammelt hat.

7) Trotz der Verordnung Eduards III. vom Jahre 1362, nach welcher die englisch zu haltenden „Pleadings" an allen Gerichtshöfen in lateinischer Sprache protokolliert werden sollen, scheinen die „Pleadings" des ,,Court of Chancery" meist in französischer Sprache niedergeschrieben worden zu sein. Die im „P. Record Office" zu London aufbewahrten „Pleadings" dieses 1) z. B. die,.Indentures of War" im „P. Rec. Office" zu London, welche vor Heinrich VI. französisch, unter der Regierung dieses Königs aber englisch geschrieben sind.

zu

ferner die, Accounts of the Realm", die Verhandlungen (,, Proceedings") der „Manour Courts" und die „Conveyances of Land". Ueberhaupt scheint der Grundsatz vielfach massgebend gewesen zu sein, solche Urkunden, welche ein allgemeineres Interesse beanspruchten und von weltlichen oder geistlichen Behörden eingesehen werden konnten, in lateinischer Sprache niederzuschreiben. Dagegen pflegten vorzugsweise in französischer Sprache solche Urkunden verfasst zu werden, bei denen Privatpersonen interessiert waren, denen die Möglichkeit gegeben sein musste von dem Inhalte jederzeit Kenntnis nehmen, wie z. B. Kontrakte, Lieferungsverträgel) u. s. w., welche die Regierung mit Privatpersonen schloss. Unter Heinrich VI. nun tritt in dieser letzteren Klasse Urkunden denn in der ersteren das Lateinische aufzugeben, lag keine direkte Veranlassung vor2) das Englische an die Stelle des Französischen. Es geschah dies natürlich im Interesse des Publikums, dem die Kenntnis des Französischen gänzlich abhanden gekommen war. War das Englische unter Heinrich IV. und V. im schriftlichen Verkehr mit dem Publikum von den offiziellen Behörden schon vereinzelt angewandt worden, wie die erhaltenen Urkunden zeigen, so gelangt auch hier das Englische unter Heinrich VI. allmählich zur Herrschaft. Auch die „Answers", welche auf die „Petitions" oder „Bills" im Parlamente gegeben wurden und welche die Grundlage für die zu formulierenden Gesetze bildeten, sind unter Heinrich VI. schon vielfach in englischer Sprache abgefasst3). Seltener kommt das Englische unter diesem Fürsten in den Protokollen der Parlamentsverhandlungen zur Anwendung (v. das Verz. d. Urkk.). Dagegen sind die Bewilligungen von „subsidies" von Seiten der „Commons" schon meist in englischer Sprache abgefasst (die erste englische stammt aus dem Jahre 1421). Sogar die Protokolle der „Pleadings" am obersten Kanzleigerichtshof (,,Court of Chancery") werden in den ersten Regierungsjahren Heinrichs VI. zum Teil in englischer Sprache geführt. In den letzten

Gerichtshofes datieren vom Ende der Regierung Richards II. an und sind mit wenigen Ausnahmen französisch geschrieben, bis das Englische aufkam. Doch darüber später.

2) Erst ziemlich spät wird das Lateinische hier ausdrücklich verboten. v. Public General Acts 4 George II. cap. 26 „The use of Latin in recording the proceedings of all Courts of law in England, & in the Court of Exchequer in Scotland, and for writing charters, bonds etc. was abolished by an Act of Parliament in the reign of George the second, and the use of this language was prohibited for the above purposes from and after the 25th March 1733."

3) v. die Rot. Parl. Voll. IV und V. Die erste, English Answer" in den Rot. Parl. stammt aus dem Jahre 1404. v. Rot. Parl. Vol. III s. 549 Nr. 20.

Jahren der Kanzlerschaft John Stafford's, während er das Amt eines Erzbischofs von Canterbury bekleidete (24. Mai 1843-31. Juni 1450) schwindet das Französische 1) aus den erwähnten Protokollen gänzlich.

Fassen wir das bisher Gesagte in Kürze zusammen, so ergiebt sich uns die bedeutsame Thatsache, dass nach dem allmählichen Rückgange der französischen Umgangssprache in den höheren und gebildeten Ständen Englands infolge der immer weiter von unten nach oben vordringenden englischen Volkssprache2), man im letzten Drittel des 14. Jahrhunderts zunächst in Privatkreisen anfing, auch die französische Schriftsprache durch das Englische zu ersetzen, dass diese Richtung unter Heinrich IV. und V. immer mehr zunahm und unter Heinrich VI. mit einem völligen Siege des Englischen endigte3); dass auch die offizielle Schriftsprache, namentlich wo sie mit dem Volke in direkte Berührung kam, allmählich in dieselben Bahnen einlenkte und dass auch hier der Sieg des Englischen durch die Praxis des obersten Kanzleigerichtshofs um die Mitte des 15. Jahrhunderts entschieden war.

II. Kapitel.

London der Ausgangspunkt einer allgemeinen
Schriftsprache.

So lange das Französische mit dem Englischen um die Herrschaft rang, so lange namentlich der Hof und die gebildeten Stände französisch sprachen und schrieben, konnte sich unmöglich eine allgemeine englische Schriftsprache entwickeln. Und so sehen wir

1) v. s. 4 Anm. 7. Wenn man mit obigem Datum das erwähnte Faktum zusammenhält, dass die „Petitions" oder „Bills" im Parlamente von 1444/45 ab fast ausnahmslos in englischer Sprache erscheinen, so ist die Annahme nicht ungerechtfertigt, dass dem Kanzler John Stafford ein nicht unwesentlicher Anteil an der Entwicklung dieser Dinge zuzuschreiben ist.

2) Das Aufkommen des Englischen an Stelle des Französischen in der Urkundensprache fällt allerdings, genau genommen, nicht mit dem Zeitpunkte zusammen, wo das Französische den meisten Gebildeten in England unbekannt war, sondern in etwas spätere Zeit. Auch hier bewährte sich die Macht der Tradition, die in England zu allen Zeiteu ganz besonders stark gewesen ist.

3) Natürlich trat das Englische hier allmählich auch an die Stelle des im Mittelalter allgemein üblichen Lateinischen ein. Je mehr das Englische das Französische verdrängt, um so mehr verliert auch das Lateinische in Privaturkunden an Boden.

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